25.02.2004

Nachdem wir nun schon 4 Monate hier in Syracuse, NY, sind, dachte ich mir, es wäre ganz nett, wenn ich ein wenig über unser neues Leben in Amerika erzähle. Zum einen weil man sonst alles so schnell vergisst, was uns hier so widerfährt und zum anderen damit ihr auch ein wenig an unserem Alltag teilhaben könnt. Am Besten fange ich jedoch mal ganz von vorne an. Also macht es euch bequem, es könnte etwas länger dauern...

Wie ihr ja alle wisst, war es für mich nicht so leicht, die Klamotten zu packen und der Heimat "Auf Wiedersehen" zu sagen. Der Tag des Abschieds war auch wirklich ziemlich schrecklich. An jenem Morgen kam dann meine Familie noch zum Frühstücken vorbei, doch Hunger hatte glaube ich niemand. Ich wünschte mir in dem Moment, die Zeit würde stehen bleiben und ich müsste mich nicht in 1-2 Stunden von ihnen verabschieden. Ich hatte auch allen "Flughafenverbot" erteilt, denn sonst wäre ich wahrscheinlich niemals in den Flieger Richtung Amerika eingestiegen. Die letzten Dinge wurden geklärt, Schlüssel hin und her getauscht und dann war es auch schon an der Zeit, Tschüss zu sagen und unsere zentnerschweren Koffer und Taschen ins Auto zu laden. Leider kann ich mich an die Fahrt zum Flughafen nicht mehr erinnern - ist irgendwie wie weggeblasen. Am Flughafen angekommen, war es mir dann richtig schlecht und ich hoffte nur, dass es nicht schon in Frankfurt Probleme wegen der Visa oder den ganzen Lebensmitteln, die übrigens einen ganzen Koffer füllten, gibt. Es ging jedoch alles gut und wir mussten auch nichts von unserem Proviant zurück lassen. Als wir dann dort so warteten, bekamen wir noch den einen oder anderen Anruf aus Handy, was uns (und vor allem mir) natürlich immer wieder Tränen in die Augen trieb. Nun gut, es gab kein Zurück mehr und als wir dann endlich im Flieger saßen, hatte ich mich auch schon ein wenig beruhigt. Wahrscheinlich haben mich die ganzen Wochen und Monate der Vorbereitung auch etwas geschlaucht, denn ich habe fast den ganzen Flug über geschlafen. In Chicago angekommen mussten wir ja dann durch den Zoll und wegen unserer Visa wurden wir dann in einen Raum geführt, in dem wir dann erst einmal interviewt wurden warum wir ein Jahr in die Saaten wollen, was wir da vor haben, ob wir wieder zurück nach Deutschland gehen werden usw. usw. Es hätte uns hier durchaus passieren können, dass den Beamten von der Einwanderungsbehörde unsere Nasen nicht gefallen und sie uns postwendend nach hause schicken oder dass sie uns unsere Visa verkürzen. Anscheinend haben wir aber alle Fragen zu ihrer Zufriedenheit beantwortet und der Beamte hat uns die Visa sogar noch um einen Monat verlängert. Jetzt hatten wir dann noch zwei Stunden Zeit, bis unser Flug nach Syracuse gehen sollte. Da wir ja nun in Amiland waren, haben wir uns erst mal mit einem Burger und Pommes gestärkt. Aus unserem zweistündigen Aufenthalt in Chicago wurde dann ein vierstündiger, da irgendwie keine Maschine zum Weiterflug zur Verfügung stand. Über die Warterei sind wir dann auch beide eingeschlafen - Oli auf dem Boden in mitten aller Taschen und ich in den Sesseln. Endlich konnten wir dann weiter fliegen und so gegen 12 pm waren wir dann in Syracuse, wo wir von Oli's Arbeitskollegen abgeholt und ins Hotel gefahren wurden. Am nächsten Morgen ging es dann erst mal in die Firma um zu klären, was für die nächsten Tage geplant ist. Zum Glück musste Oli noch nicht arbeiten, da sein Material noch nicht in Syracuse angekommen war und so hatten wir fast eine Woche Zeit um uns etwas ein zu gewöhnen und uns schon mal Appartements und Häuser an zu schauen. Nachdem wir uns in verschiedenen Stadtbezirken mehr oder weniger schöne Wohnungen angesehen hatten, war uns klar, dass wir gerne in Eastwood wohnen möchten, einem Stadtteil der, wie der Name schon sagt, im Osten der Stadt liegt und unserer Meinung nach mit einer der schönsten ist. Es war allerdings nicht sehr leicht, in dieser Gegend ein Haus zu finden, da die meisten Häuser nur zum Verkauf waren, aber nach ca. 3 Wochen hatten wir dann endlich was gefunden. Ich hätte ja gerne an Halloween (31.10) schon drin gewohnt, damit wir das traditionelle "Trick or Treat" auch mal so richtig mitbekommen, aber leider ging das nicht und so waren wir dann nur abends auf einer Halloweenparty hier in Syracuse. Wir sind dort total aufgefallen, denn wir hatten uns ja nicht verkleidet und ich hatte mich doch sehr geärgert, dass ich nicht wenigstens ein Karnevalskostüm mitgenommen hatte.
Unsere Umzugskisten waren jetzt auch in Syracuse angekommen und wurden erst mal in der Firma zwischengelagert, bevor wir sie dann in "unser" Haus bringen konnten. Ich war wirklich froh, aus dem Hotel raus zu können und bald wieder eine vernünftige Wohnung zu haben wo ich es uns gemütlich und wohnlich machen konnte. Es stellte sich bei näherer Betrachtung allerdings heraus, dass es noch ein Weilchen dauern könnte, bis es in dem Haus gemütlich ist, denn ich glaube, die gute Frau Vermieterin hat nicht ein einziges mal in den 15 Jahren, in denen sie hier gewohnt hat, den Putzlappen geschwungen und sauber gemacht. Gut, dachte ich, hast Du auch was zu tun... Aber als ich jedoch mal angefangen hatte, wusste ich nicht, wie wir das alles jemals sauber bekommen sollten. Ich glaube nach so ca. 2 Wochen hatten wir es aber dann doch schon geschafft. Es vergingen einige Wochen, bis wir die wichtigsten Sachen wie z.B. eine Couch und einen Esstisch besorgt hatten, denn der Möbelgeschmack lässt in den Staaten doch etwas zu wünschen übrig. Der Großteil der Möbel sieht aus wie aus den siebziger Jahren und alles ist in einem sehr geschmackvollen Braunton gehalten. Aber wir sind ja hartnäckig und darum haben wir jetzt auch eine wunderschöne und bequeme blaue Couch und einen tollen Esstisch hier stehen. Es hat sich an Thanksgiving auch durchaus ausgezahlt, dass wir einen so großen Tisch gekauft haben, denn sonst hätten wir doch gewisse Probleme bei der Unterbringung des Turkeys bekommen, der ja nur lächerliche 21 Pfund gewogen hat. Die Leftovers des Vogels hätten bestimmt bis Weihnachten gereicht, doch nach drei Tagen Turkey konnten wir ihn nicht mehr sehen und haben den Rest dann doch entsorgt. Zumal mein Vater sich schon am Telefon geäußert hat, dass er keinen Turkey vorgesetzt bekommen möchte, wenn sie zu Weihnachten kommen. Gut, dann halt nicht...
Nach Thanksgiving beginnen hier in den Staaten auch alle damit, ihre Häuser weihnachtlich zu schmücken und den Weihnachtsbaum auf zu stellen. Und da wir ja nicht so auffallen wollten, haben wir uns auch ein wenig Deko zugelegt. Auf die bunt blinkende Pracht haben wir allerdings verzichtet und uns mit ein paar Zuckerstangen, Lichtern und einem Rentier zufrieden gegeben. Ich freute mich auch schon ganz furchtbar auf Weihnachten, da meine Eltern und ein Freund von uns über die Feiertage kommen wollten. Ich zählte schon die Tage, bis alle endlich hier waren. Es machte mich allerdings ein wenig traurig, dass meine Schwester (Hallo Iris) und ihr Freund (Hallo Cheasy) nicht kommen konnten und wir somit zum ersten mal Weihnachten nicht zusammen feiern konnten. Trotzdem wurde es ein sehr schönes, wenn auch etwas anderes, Weihnachtsfest.
Nach Weihnachten kam dann irgendwer auf die glorreiche Idee, mit dem Auto nach New York City zu fahren. Sind ja nur 5 Autostunden und die kann man ja mit fünf Leuten im Auto mal locker morgens hin und abends wieder zurück düsen. Die Hinfahrt ließ sich auch noch einigermaßen aushalten und die Stadt ist wirklich der Wahnsinn. Ein Tag ist allerdings definitiv zu wenig um New York zu erkunden, aber wir haben uns eben ein wenig geeilt um wenigstens ein paar Sehenswürdigkeiten wie den Broadway, die Wallstreet oder auch Ground Zero besichtigen zu können. Die Eislaufbahn am Rockefeller Center ist definitiv kleiner als sie immer im Fernsehen dargestellt wird und vor lauter Menschen wurde man dort und am Broadway einfach mitgezogen. Pech für den, der eigentlich in eine andere Richtung möchte. Um ein Bild von der Eislaufbahn machen zu können musste man entweder gute Ellbogen oder eine Engelsgeduld besitzen, denn davon will logischerweise jeder Fotos machen. Natürlich nicht nur eins. Nein, es wurde fotografiert und fotografiert und fotografiert.... Also griffen wir dann doch auf die Ellbogen zurück... Mittlerweile war es auch schon 6.30 pm und da wir ja noch eine ziemlich lange Autofahrt vor uns hatten, sind wir dann Richtung Subway und zurück zum Auto, das wir glücklicherweise nicht direkt Downtown geparkt hatten. Denn was da los war, kann man ja auf den Fotos sehen. Wir waren also glücklich, diesen Stau umgehen zu können und fuhren dann immer den Schildern "Highway" nach. Und wie konnte es anders sein: Wir verfuhren uns und landeten doch noch im dicksten Verkehrschaos. War ja alles nicht so schlimm, die Männers hatten ja den Stadtplan vor sich und fuhren dann einen kleinen Umweg, der uns den Stau ersparte. Dieser kleine Umweg brachte uns jedoch zwei zusätzliche Stunden Autofahrt ein und die Stimmung war leider nicht mehr ganz so doll wie bei der Hinfahrt. Doch nach 7 Stunden waren wir ja auch schon zu hause.
Von dieser Quälerei erholt und mit neuem Elan sind wir ein paar Tage später zu den Niagara Fällen gefahren. Die Fahrt lässt sich auch ertragen - sind es doch nur drei Stunden bis dort hin. Leider hatten wir an dem Tag kein ganz so gutes Wetter und der Nebel wurde zunehmend dichter. Im Winter fuhren auch die Boote nicht, die einen sonst fast bis in die Fälle hinein schiffen. Wir sind dann auf die kanadische Seite der Niagara Fälle und dort ist drumherum voll der Rummel. Sieht aus wie klein Las Vegas. Diesmal schafften wir den Heimweg ohne größere Umwege.
Am Onondaga Lake, an dem Syracuse liegt, findet in der Weihnachtszeit in dem Ort Liverpool immer eine Lichtershow statt, die Lights on the Lake heißt. Dort werden entlang des Sees anhand von Lichterketten Tiere, Nikoläuse, Weihnachtskrippen usw. aufgebaut und das ganze wird in verschiedene Themen eingeteilt. Man fährt dort mit dem Auto durch und kann dabei einen speziell dafür eingerichteten Sender hören, der nur Weihnachtslieder spielt. Das ganze ist mehrere Kilometer lang und wird von diversen Supermärkten und Firmen gesponsert.
Am letzten Urlaubsabend meiner Eltern wollten wir noch mal so richtig schön typisch amerikanisch essen gehen. Wir gingen in ein BBQ in dem es die besten Spareribbs weit und breit gibt und das für sein Essen und die Live Bands sehr bekannt ist. Nachdem wir uns so richtig schön die Mägen voll geschlagen hatten machten wir uns auch wieder auf den Heimweg der durch den Snowstorm etwas länger dauerte als sonst. Zu hause angekommen schnappte sich mein Vater als erstes die Schneeschaufel und räumte den Gehweg frei während meine Mutter und ich schon rein gingen. Als ich die Fliegengittertür auf machte, um unsere Haustür auf zu schließen wunderte ich mich schon, warum der Weihnachtskranz nicht mehr an der Tür hing. Dachte mir aber weiter nichts dabei, denn es hätte ja sein können, dass Oli ihn abgemacht hat. Aus welchem Grund auch immer. Doch gerade wollte ich den Schlüssel ins Schloss stecken, da sah ich dass die Tür auf war. Wie man halt so ist, denk man erst mal man hätte sie nicht richtig zu gemacht und ist wütend auf sich selbst. Oder auf den Ehemann, der das ja gewiss gewesen ist... :-) Doch dann sah ich auch schon die Bescherung: bei uns wurde
eingebrochen. Die Taschen meiner Eltern, die schon schön gepackt im Wohnzimmer standen waren durchwühlt, alles lag verstreut herum und sämtliche Türen im Haus standen offen. Ich sofort 911 angerufen und die gute Frau am Telefon fragte mich, ob die Einbrecher noch da wären, worauf ich dumme Nuss meinte: Moment, ich sehe mal nach... Ich bin also im ganzen Haus rum geschossen während die nette Telefondame mit verständlich machen wollte dass ich doch bitte samt Eltern aus dem Haus gehen und auf die Polizisten warten sollte. Die kamen auch prompt und wir wurden gefragt, ob wir Waffen im Haus hätten, bevor sie da mit gezücktem Schlagstock rein marschierten. Der nächste Streifenwagen rückte an und einer der Polizisten verfolgte die Spuren, die von unserem Haus weg gingen. Da es so viel geschneit hatte, konnte man die auch gut erkennen. Mit dem anderen Polizist bin ich dann durchs ganze Haus und habe ihm schön brav alle Fragen beantwortet. Es wurde dann noch ein Polizist gerufen, der von dem ganzen Schlamassel Fotos machte. Oli war inzwischen auch eingetroffen, denn er war mit zwei Arbeitskollegen noch in dem BBQ geblieben. Ist übrigens gar nicht so leicht in der ganzen Aufregung eine Nummer im Telefonbuch zu suchen, denen im Restaurant verständlich zu machen man müsse dringend den Ehemann sprechen, der sich irgendwo in dem Getümmel aufhalten müsse weil eingebrochen wurde. Naja, nun war er ja da. Der nette Officer hat dann mit mir das Protokoll aufgenommen und notiert, was alles gestohlen wurde. Da die Fußspuren noch ganz frisch waren, waren sich die Cops auch darüber einig, dass der Einbrecher erst zehn Minuten bevor wir nach Hause kamen weg ist. Nicht auszudenken, was hätte passieren können, wenn wir ihn überrascht hätten. An Schlaf war natürlich nicht zu denken. Was für meine Eltern natürlich nicht so toll war, da sie am nächsten morgen um 6 Uhr am Flughafen sein mussten. Oli und haben die ganze Nacht auf der Couch gesessen während meine Eltern sich zumindest ins Bett gelegt haben. Meine Eltern waren dann auch gar nicht begeistert, dass sie mich hier in Amiland zurück lassen mussten und der Abschied fiel uns nun doppelt so schwer. Dass wir dann wochenlang keine vernünftige Tür hatten und nicht richtig zuschließen konnten ist eine andere Geschichte. Jetzt haben wir wieder eine Tür und eine Alarmanlage noch dazu. In den nächsten Wochen muss ich noch vor Gericht aussagen und dann hoffe ich, dass die Sache endlich erledigt ist.
Kaum war unser Besuch weg, da wurde es hier richtig Winter und es schneite wochenlang ohne Unterbrechung. Das haben wir genutzt und haben uns Snowboards ausgeliehen. Und ohne uns irgendwelche Knochen zu brechen, haben wir unsere ersten Versuche hinter uns gebracht. Ich habe mir dann auch prompt ein Snowboard gekauft, denn Schnee haben wir noch eine Weile und irgendwas muss ich ja mit meiner Zeit hier anfangen.
So, das waren so im groben die ersten vier Monate. Ich werde euch hier immer auf dem Laufenden halten, was es so Neues gibt und hoffe, dieser ellenlange Bericht hat euch nicht zu sehr gelangweilt. Die nächsten werden kürzer. Versprochen.

Bis bald,
Silke


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